Oberbayern ist echt, authentisch und kantig. Unsere Region blickt auf eine Fülle vielfältiger Kulturtraditionen zurück und bewahrt diese zum Teil bis heute. Wenige Traditionen stehen so sehr für das eigenwillige und aufrichtige Oberbayern wie das Gstanzln, das heute noch lebendig ist. Aber was ist ein Gstanzl eigentlich?
Die Ursprünge
Das Gstanzln gibt es im deutschsprachigen Raum vermutlich seit dem 18. Jahrhundert, auch wenn die historische Quellenlage eher schwierig zu durchblicken ist. Zu den bekanntesten Gstanzlsängern gehören Ferdinand Joly zu Elsenloh, der aus dem Salzachtal kommt, und der Roider Jackl. Besonders Letzterer erreichte mit seinen politikkritischen Themen eine Bekanntheit, die bis heute ihresgleichen sucht. In der Regel waren und sind die Verfasser von Gstanzln nämlich eher unbekannt.
Das steckt dahinter
Kommen wir aber zur Antwort auf die Kernfrage: Was ist ein Gstanzl? Es handelt sich um eine Liedgattung, die vor allem alpenländisch, in Bayern und Österreich, verbreitet ist. Gstanzllieder geben sich als versförmige, gereimte Vierzeiler zu erkennen und sind typischerweise im jeweiligen Dialekt des Entstehungsortes verfasst. Sowohl in der Form als auch in der Melodiegestaltung gibt es eine große Vielfalt, die ebenfalls regional geprägt ist. Wichtigstes Merkmal der Gstanzl: Sie sind neckisch und kess; wer sie vorträgt, hat häufig zum Ziel, andere aufs Korn zu nehmen.
Aber nicht nur Spott und sarkastische, saloppe Bemerkungen über andere sind Inhalt der Mundartlieder. Thematisch bieten auch Gesellschafts- oder Politikkritik und nahe persönliche Beziehungen Stoff für die Gstanzl. Im geselligen Miteinander werden sie häufig spontan vorgetragen. Die Stimmung lebt von improvisierter Schlagfertigkeit, die Gstanzlsänger und -sängerinnen freundschaftlich untereinander austauschen. Die perfekte Situation dafür bieten traditionell die oberbayrischen Wirtshäuser, aber auch auf Volksfesten oder Hochzeiten dienen die Gstanzl zur Unterhaltung der Gäste. Einmal angestimmt, dienen sie den Burschen gern als Untermalung verschiedener Tänze und werden durch Jodeln und Paschen ausgeschmückt.
Über das Heute
Gstanzlsängertreffen wie im bayrischen Moosbach erfreuen sich auch heute zunehmender Beliebtheit. Dabei werden zum Teil auch ernste Themen wie die Bemängelung sozialer Umstände verarbeitet – Spott und Humor bleiben jedoch fester Bestandteil der Gstanzllieder. Das Gstanzln ist ein so lebendiger Brauch wie kaum ein anderer und zeigt ganz wunderbar die Kultur und Ausgelassenheit der Oberbayern.
Eine ähnlich kreative Kombination von traditioneller Gepflogenheit und zeitgenössischer Kunst ist übrigens Mundart-Rap. Von einem ganz spezifischen Flow, dicht gepackten Texten und einer Pointe profitieren die in Dialektsprache verfassten Songs ebenso wie die kurzen Gstanzl.
Gstanzl-Sänger Ritsch Ermeier hat für uns ein paar Zeilen in Versform verfasst, die unsere Region wunderbar kantig widerspiegeln:
Das Oberbayern Gstanzl
Egal ob im Frühling oder im Sommer,
Herbst oder Winter im Schnää,
do gähts immer gmiadlich zua,
mit einem warmherzigen Juchää!!!
Im Winter bei Kerzenliacht im Wirtshaus,
des gibts oberbayern-weit,
liebevolle Ferienwohnungen und Hotels,
sorgn für Gmiadlichkeit.
Und dass des kerngsund is,
do gibts gor koa Frog,
Frischluft und bsondere Lichtblicke,
gibts do den ganzen Dog!
Oberbayern im Winter,
ursprünglicher konns gor net sein,
vui Brauchtum und Tradition,
laden Eich ein!
De Oberboarische Kultur,
lebendig wia s Lebn,
warmherzig, kantig, ursprünglich,
des konns nur bei uns gebn.
Wenn Dich de Bäurin begrüsst,
warmherzig in ihram Haus,
liebevoll hergrichte Stubn,
zur Brotzeit miteinander an Schmaus.
Ja kantig samma aa no,
urboarisch dazua,
es menschelt individuell,
Originale gibts gnua.
De Oberboarischen Bräuch,
de zoangma Eich gern,
ursprüngliche Tradition,
zum Fühlen, Seng und zum Hean!
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